Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und sein Wirtschaftsminister Robert Habeck sind zu einer mehrtägigen Reise in Kanada eingetroffen. Der Grund liegt auf der Hand: Kanada, mit seinen gewaltigen Energiereserven und dem Anspruch, die weltweilt saubersten und zukunftsträchtigen Energieträger zu entwickeln, kann für Deutschland und weitere Industrieländer eine wichtige Schlüsselrolle einnehmen: Ein starker und langfristig verlässlicher Energielieferant von sauberen Technologien. Entsprechend liegt wohl bereits eine erste “Wasserstoff-Vereinbarung” vor, mit der die Produktion und der Aufbau von Lieferwegen nach Europa vorangetrieben werden sollen.
Kurz-mittelfristig ist Deutschland allerdings dringender an Flüssiggas (LNG) interessiert, um die drohenden Lieferausfälle aus Russland zu kompensieren. Kanada ist der fünftgrößte Gasproduzent und sechstgrößte Erdgasexporteur der Welt. Unmittelbar kann Kanada aber nicht in die Bresche springen, da es neben der Überwindung von (umwelt)- politischen Widerständen in Kanada (insbesondere Quebec) vor allem technische Hürden sind, da an der kanadischen Ostküste noch keine exportfähigen LNG-Terminals bestehen.
Kanadas riesige Erdgasreserven gelten als die saubersten der Welt, u.a. aufgrund guter Geologie, Geografie und vergleichsweise strengen Auflagen. Die im Bau befindliche LNG – Anlage in Kitimat, B.C, ist um 60% weniger kohlenstoffintensiv als der globale Durchschnitt und Anlagen der nächsten Generation sollen lt. Experten insgesamt 90% weniger Treibhausgase emittieren. Der Kohlenstoffgehalt des Gases ist gering, die Nähe zur Wasserkraft ermöglicht eine saubere Verarbeitung und Kanadas Klima unterstützt auf natürliche Weise den Kühlbedarf bei der Gasverflüssigung für den Transport. Neben diesen Qualitätsmerkmalen wird Kanada in den nächsten Jahrzehnten schlicht und einfach von der weltweit steigenden Gasnachfrage und dessen anwachsenden Anteil am weltweiten Energiemix profitieren und kann mit seinen Exporten dazu beitragen, dass der weltweite Kohleverbrauch und die damit verbundenen Emissionen reduziert werden.
Grüner Wasserstoff, sauberes Erdgas, Einhaltung von ESG-Kriterien. Vieles spricht für Kanada als globaler und verlässlicher Energielieferant im Rahmen der neu entstehenden Weltordnung und bietet dem Land beste Aussichten auf anhaltendes Wachstum und steigenden Wohlstand. Aber auch innenpolitisch könnte diese neue Rolle von Nutzen sein, insbesondere im Hinblick auf die weitere Versöhnung mit den indigenen Völkern, da diese an vielen der geplanten Energieprojekte wirtschaftlich beteiligt sind.